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Roundtable 1 2 3 4 5 6 7 8 Risikomanagement bei der Kapitalanlage Fotos: Norbert Bretschneider Oktober / November 2014 dpn dossier 3 Sponsor Teilnehmer 1 Mag. Markus Schuller Managing Director, Panthera Solutions 2 Ulrich Buchholtz Freier Journalist, dpn-Autor (Moderator) 3 Stefan Lauinger Referent Treasury, Bosch-Gruppe 4 Michael Lennert Chefredakteur dpn, Financial Times (Moderator) 5 Dr. Thorsten Neumann Managing Director, Quant & Risk Management, Union Investment 6 Dr. Wolfram Gerdes Vorstand, Kirchliche Versorgungskassen KZVK und VKPB 7 Jeannette Leuch Partnerin, Invalue 8 Prof. Dr. Arnd Wiedemann Lehrstuhl für Finanz- und Bankmanagement, Universität Siegen ••

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Page 1: 003-010 DPN-DOSSIER 1014 - Uni Siegen · 2015. 1. 8. · Roundtable 1 2 3 4 5 6 7 8 RisikomanagementbeiderKapitalanlage Fotos:NorbertBretschneider Oktober/November2014 dp n dossier

Roundtable

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RisikomanagementbeiderKapitalanlage

Fotos: Norbert Bretschneider

Oktober /November2014 dpndossier 3

Sponsor Teilnehmer1 Mag.Markus Schuller ManagingDirector,PantheraSolutions

2 Ulrich Buchholtz FreierJournalist,dpn-Autor (Moderator)

3 Stefan Lauinger ReferentTreasury,Bosch-Gruppe

4 Michael Lennert Chefredakteurdpn,FinancialTimes (Moderator)

5 Dr.ThorstenNeumann ManagingDirector,Quant&RiskManagement,Union Investment

6 Dr.WolframGerdes Vorstand,KirchlicheVersorgungskassenKZVKundVKPB

7 Jeannette Leuch Partnerin, Invalue8 Prof.Dr.ArndWiedemann Lehrstuhl fürFinanz-undBankmanagement,UniversitätSiegen

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dpn: Liebe Roundtable-Teilnehmer, steigen wirdoch gleich ins Thema ein: Herr ProfessorWiede-mann, was halten Sie derzeit für die größte Her-ausforderung imRisikomanagement?

Prof. Dr.ArndWiedemann:Wieman aus der Komple-xitätsfalle herauskommt. Ausgefeilte Risikomodellesind gut, schön und wichtig. Aber sie sollen auchhandhabbar sein und dasManagement der Kapitalan-lagen unterstützen. Außerdemmüssen sie für den je-weiligen Investor individualisiert und maßgeschnei-dert sein, denn die Interessen und Perspektiven dereinzelnen Anleger können sehr unterschiedlich sein.

dpn: Frau Leuch, welche Herausforderungen imRisikomanagement beobachten Sie als Consul-tant derzeit bei Ihren Auftraggebern?

Jeannette Leuch: Zu unseren Kunden zählen Versor-gungswerke, Pensionskassen und Versicherungen inDeutschland und der Schweiz. Eine große Herausfor-derung sind sicherlich die niedrigen Zinsen und da-mit die Veränderung derDirektanlagen. Viele Investo-ren gehen dort neue Risiken ein, um höhere Erträgezu erzielen – beispielsweise durch mehr Zero-Bonds,nachrangige Titel und Konzentrationen in bestimm-

ten Sektoren. Die sogenannten siche-ren Direktanlagen sind inzwischenvielleicht gar nichtmehr so sicher.

dpn: Dr. Gerdes, was sehen Sie alsVorstand zweier Versorgungskas-sen derzeit als größte Herausfor-derung imRisikomanagement?

Dr.Wolfram Gerdes: Die Niedrigzins-phase. Die meisten Leistungsverspre-chen sind nicht für ein Zinsumfeldgedacht, wie wir es seit 20 Jahren inJapan erleben und zunehmend auchhier in Deutschland haben. In derAusbildung zum Risikomanager hatfast jeder aus unserer Branche Syste-me kennengelernt, in denen der risi-kolose Zins eine zentrale Größe ist.Diesen risikolosen Zins gibt es nichtmehr. Insofern sind Risikomodelle,die auf einem solchen Anker basie-ren, zumindest in ihrer Aussagekrafteingeschränkt. Ich muss heute Risikoeingehen, während ich vor fünf oder

zehn Jahren noch die Möglichkeit hatte, Risiko undErtrag simultan zu kalibrieren.

dpn:AlspromovierterMathematikermüsstenSieoptimale Voraussetzungen mitbringen für dasRisikomanagement.

Gerdes: Der größte Vorteil eines Mathematikers imRisikomanagement besteht darin, dass er weiß, war-um Dinge nicht funktionieren. Das meine ich garnicht blasphemisch. Die Krux im Risikomanagementist, dass ich Aussagen über Dinge treffen soll, für dieich nur unzuverlässige oder auch gar keine Parameterhabe. Da ist dann Kreativität gefragt. Als Mathemati-ker bin ich überrascht, wie hoch das Vertrauen in dieMöglichkeiten der Mathematik ist. Es sollte meinesErachtens niedriger sein.

dpn: Herr Schuller, wo sehen Sie als Consultantdie größte Herausforderung im Risikomanage-ment Ihrer Auftraggeber?

Markus Schuller: Unsere Kunden sind kleine bis mit-telgroße Institutionelle, also zum Beispiel Regional-und Privatbanken, Stiftungen und Family Offices.Teilweise war bei ihnen die Vorstellung verbreitet,

Die neuen RisikenmeisternDie Niedrigzinsphase lässt viele Anleger verstärkt in alternative Asset-Klassen oder Risikoprämien investieren.Welche Herausforderungenilliquide Anlagen und Smart Beta mit sich bringen, diskutierte dpnmitsechs Experten. Der Tenor: Nur ein gut aufgestelltes Risikomanagementbringt das Renditepotenzial der neuen Anlagen zuverlässig ins Portfolio.

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dem Risikomanagement sei bereits Genü-ge getan, wenn man volatilitätsbasierteRisikokennzahlen beobachte und inter-pretiere. Unserer Auffassung nach greiftdies zu kurz.Wirmeinen, dassman Risikosowohl anhand quantitativer als auch an-hand qualitativer Faktoren messen, dar-stellen und interpretieren sollte. Außer-dem ist das Risikomanagement kein nach-gelagerter Prozess zurAllokation, sondernTeil der Allokationsentscheidung.

dpn: Ist ein solcher ProzessdesUmden-kens leicht zu initiieren?

Schuller: Nein. Wir alle wurden auf denUniversitäten in diesen alten Denkmus-tern sozialisiert. Deshalb fällt es schwer,sich auf Neues einzulassen. Es wird sozialimmer noch stärker akzeptiert, gemein-sam gegen die Wand zu laufen und sicheine blutige Nase zu holen, als neue Wegeeinzuschlagen und dann plötzlich abseitsdes Mainstreams zu stehen.

dpn: Wie kann ein solcher Wandel ge-lingen?

Schuller:WennSiemit einem Investment-Komitee arbeiten, müssen Sie das gesamteKomitee mitnehmen und ihm die Schwä-chen der alten Denkmuster aufzeigen so-wie die neuen Möglichkeiten, die es gibt.Oder das Umdenken wird nicht funktio-nieren.

dpn: Dr. Neumann, welche Bedeutung hat das Ri-sikomanagement aus Ihrer Sicht als Asset Mana-ger derzeit?

Dr. Thorsten Neumann: Eine große! Der sichere Zinsist praktisch abgeschafft. Das stellt eine riesige Heraus-forderung für alle Anleger dar. Siemüssen sich deshalbjetzt stärker mit dem Risiko bei der Kapitalanlage be-fassen als noch zu den Zeiten, in denen es einen aus-kömmlichen Zins gab. Das Risikomanagement kanndazu beitragen, Erträge aus den Risiko-Asset-Klassenstabil in das Portfolio zubringen.Dabei geht es umThe-men wie: breit diversifizieren, richtig diversifizieren,aktiv eingreifen und Verluste frühzeitig begrenzen.Dort, wo keine Risikotragfähigkeit gegeben ist, solltenInvestoren außerdem Wertsicherungsmechanismeneinsetzen. Mit einem solchen Baukasten lassen sichauch die heutigen Herausforderungen gut angehen.

dpn: Herr Lauinger, was hält man imTreasury von Bosch aktuell für diegrößte Herausforderung im Risiko-management?

Stefan Lauinger: Die hohe Liquiditätim Markt und die Suche der Investorennach Rendite haben dazu geführt, dassdie Preise an den Kapitalmärkten teil-weise verzerrt sind. Das Eingehen vonRisiken wird nicht mehr in jedem Fallangemessen entlohnt. Die Risikoprämi-en sind zum Teil unverhältnismäßigniedrig. Für uns besteht deshalb imMo-ment die größte Herausforderung dar-in, auch in Zukunft attraktive und vorallen Dingen risikoadäquate Renditenzu erzielen. Das betrifft die Kapitalanla-gestrategie ganz allgemein, aber natür-lich auch das Risikomanagement.

dpn: Dr. Gerdes, besteht das größteRisiko derzeit darin, keine Risikeneinzugehen?

Gerdes: Die Antwort auf diese Frage istvon Anleger zu Anleger verschieden,aber ich würde dem weitgehend zu-stimmen. Ich muss mich im aktuellenZinsumfeld notgedrungen damit be-schäftigen, welche Risiken ich im Kapi-talmarkt zu nehmen bereit bin. MeinesErachtens besteht eines der größten Ri-siken in der heutigen Situation darin,dem Kunden in 20 oder 30 Jahren das

Leistungsversprechen nicht erfüllen zu können. Die-ses Risiko steht im Gegensatz zum klassischen Risikoder Volatilität, also der kurzfristigen Wertschwan-kungen der Kapitalanlagen. Wenn ich im klassischenSinne Risiko reduziere, indem ich weniger Substanz-werte halte und bei den Zinsanlagen auf eine hoheBonität achte, hat dies im jetzigen Umfeld die Konse-quenz, dass ich zwar kurzfristig Risiken reduziere,aber zugleich das Risiko eines Verfehlens des langfris-tigen Leistungsversprechens maximiere. In diesemZwiespalt befindet sich die Branche.

dpn: Dr. Neumann?

Neumann: Es gibt institutionelle Investoren, die auf-grund ihrer Bilanzierung jedes Jahr ein bestimmtesErgebnis vorweisen müssen. Sie sind deshalb immerwieder gezwungen, Volatilität aus ihren Anlagen her-auszunehmen. Wer nicht davon betroffen ist, kannnatürlich langfristiger agieren und mehr Risiko neh-men. Allerdings sollte man dabei nicht vergessen,dass man nach einem Verlust von zehn Prozent einPlus von mehr als zehn Prozent braucht, um wiederbeim Nullpunkt anzukommen. Insofern gibt es auchbei einer längerfristigenAusrichtung der Kapitalanla-ge einen Spagat. Das Portfolio darf nicht zu stark ab-tauchen. Sonst wird die Entfernung zum angestreb-ten Anlageziel zu groß.

dpn: Herr Schuller?

„MansollteRisikosowohlanhandquantitativeralsauchanhandqualitativerFaktorenmessen,darstellenundinterpretieren.“Mag.MarkusSchuller PantheraSolutions

Die niedrigenZinsen bringen fürAltersvor-sorgeeinrichtungen erhebliche Risiken fürdie Erfüllung der Leistungsversprechen in20 oder 30 Jahrenmit sich,meint Dr.Wolf-ramGerdes,Vorstand Kapitalanlagen undFinanzen der KirchlichenVersorgungskas-sen KZVKundVKPB in Dortmund. Einescheinbar risikoarmeAnlagepolitikmit we-nigAktien und einer hohen Bonität bei denRenten könne deshalb durchaus ein hohesRisiko aufweisen, so der 53-jährige promo-vierteMathematiker. KZVK undVKPB ver-fügen zusammen über rund zehnMilliardenEuro Kapitalanlagen.

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Schuller: Man kämpft gegen Windmüh-len, wennman versucht, trotz der finanzi-ellen Repression die Leistungsversprechenzu erfüllen. Die finanzielle Repressiondürfte noch länger andauern. Sie hat alseine elegante Form der Entschuldung vonStaaten auch schon nach dem ZweitenWeltkrieg in denUSAundGroßbritannienfunktioniert.

dpn: Welches Vorgehen schlagen Sievor?

Schuller: Man muss ein angemessenes Er-wartungsmanagement betreiben. Ich warerst kürzlich bei einer Bank, die ihrenKun-den immer noch aktienähnliche Returnsverspricht – wie vor zehn Jahren, als dieRenditen der Anleihen noch ganz woan-ders standen. Das ist Wahnsinn! MeinerMeinung nach sollte den Kunden gesagtwerden, dass Kapitalerhalt derzeit Netto-Renditen von zwei oder drei Prozent bein-haltet und nicht von vier, fünf oder sechsProzent.

dpn: Frau Leuch, wie schaut es bei denVersorgungseinrichtungen aus, die Sieberaten?

Leuch: Viele Vorsorgeeinrichtungen sinddabei zu überprüfen, ob sie sich ihren Vor-sorgeplan weiterhin leisten können oderob sie zu hohe Risiken eingehen müssen, um die be-nötigten Erträge zu erwirtschaften. Es gibt in solchenFällen grundsätzlich zwei Ansatzpunkte: eine Über-prüfung der Kapitalanlage und eine Anpassung derLeistungsversprechen. Letztere lassen sich meistensnicht bei bestehenden, sondern nur bei neuen Zusa-gen ändern. UmHandlungsoptionen ableiten zu kön-nen, berechnet man, wie schnell sich eine Senkungdes Rechnungszinses auf die Leistungsverpflichtun-

gen auswirkt. Das simuliert man auf Basis der beste-henden Kapitalanlage zusammen mit möglichenMarktszenarien und erkennt so die Auswirkung aufdie Ertrags- und Reservesituation. Eine solche pers-pektivische Sicht auf Kapitalanlagen fordern auchdie Regulatoren.

dpn: Herr Lauinger, wie löst Ihr Haus den Kon-flikt zwischen dem Niedrigzinsumfeld und denLeistungsversprechen?

Lauinger: Bei Bosch hat man frühzeitig reagiert undAnpassungen bei den Zusagen vorgenommen.

Schließlich wurde die Altersversor-gung von einem leistungsorientiertenauf ein beitragsorientiertes Systemum-gestellt. Die neuen Zusagen sind seit-dem vom erzielten Anlageergebnis ab-hängig.

dpn: Haben Sie auch die Kapitalan-lage angepasst?

Lauinger: Ja. Wir haben – auch auf-grunddesNiedrigzinsumfelds –unsereAnlagestrategie überprüft und zumBeispiel die Rentenanlage umgestellt.Der Anteil von Unternehmensanleihenund Emerging Markets Bonds ist deut-lich gestiegen. Gleichzeitig haben wiraber auch die Mindestvorgaben für dieBonität der Zinsanlagen erhöht –bei-spielsweise für Staatsanleihen undPfandbriefe von Investment Grade aufein Rating von AA- oder besser. Das sollfür einen gewissen Risikoausgleich sor-gen.

dpn: Wie stark gewichten Sie dieEmerging-Markets-Anleihen?

Lauinger: In unserem Pensionsfondsinvestieren wir innerhalb der Renten-anlagen mit bis zu 20 Prozent in dieEmergingMarkets.

dpn: Kämen für Sie zum Beispiel auch Senior Se-cured Loans in Frage?

Lauinger: In der internen Anlage nicht, weil wir dortausschließlich in fungible marktgängige Wertpapiereinvestieren. Dadurch könnenwir flexibel über die Mit-tel verfügen, wenn sie anderweitig benötigt werden. Inunserem Pensionsfonds käme diese Anlageklassegrundsätzlich in Betracht, da wir dort sehr langfristigdenken und der Anlagehorizont ein anderer ist. Aller-dings sind bei den Senior Loans auch noch die auf-sichtsrechtlichenRahmenbedingungenmit zu berück-sichtigen. Diese erschweren eine Anlage. Deshalb ha-ben wir das Thema zurückgestellt.

dpn: Wie schätzen Sie die Senior Secured Loansein, Frau Leuch?

Leuch:Vor zwei JahrenwardieAnlageklasse attraktiv.Allerdings sind die Risiken inzwischen wesentlichgrößer geworden und die Renditen niedriger. Ausmeiner Sicht ist die Risikoprämie aktuell nicht mehrattraktiv.

dpn: Dr. Neumann, wie sehen Sie die aktuelle Situ-ation an den Kapitalmärkten?

Neumann: Wir haben bei den Anleihen inzwischeneine sehr schlechte Renditeprognose für die Zukunft.Das war ein Stück weit auch in den vergangenen Jah-ren schon so. Trotzdem haben die Anleihen bishernoch Rendite geliefert. Es gibt einen Trend, diese Zit-

„WirhabendieMindestvorgabenfürdieBonitätderZinsanlagenerhöht.“Stefan Lauinger Bosch-Gruppe

Für einen Flankenwechsel in derAnlagepolitikplädiert Dr.Thorsten Neumann.DerManagingDirector imQuant & RiskManagement derUnion Investment spricht sich für eine stärke-re Berücksichtigung derAktie aus.Anleihenhätten inzwischen eine sehr schlechte Rendi-teprognose für die Zukunft, argumentiert der44-jährige promovierteVolkswirt. InvestorengingenmittlerweileAusfallrisiken ein, umnoch Rendite aus denAnleihen herauszupres-sen.Aktien böten dagegen guteAussichten.Die Union Investmentmanagt einAnlagevolu-men von 222Milliarden Euro.

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rone immerweiter auszuquetschen. Man nimmt zumBeispiel Ausfallrisiken an Bord und hofft, dass diesenicht schlagend werden. Genau wissen wird man dasaber erst bei der Endfälligkeit. Das, was sich aus denAnleihenherausquetschen lässt,wird von Jahr zu Jahrweniger. Trotzdem muss man als Investor nicht denKopf in den Sand stecken.

dpn:Warumnicht?

Neumann: Weil die Aktien wirklich gut laufen. Es istauch nicht zu erkennen, dass diese Entwicklung aufkurze Sicht zu Ende gehen muss. Im Markt ist viel Li-quidität vorhanden. Außerdem gibt es in der Alters-vorsorge einen Trend hin zu beitragsorientierten Zu-sagen.UnddieseGelderwerden sicherlichnicht in einreines Bundesanleihenportfolio fließen, sondern inAnlagen mit besseren Ertragsaussichten. Wir brau-chen in der Branche also einen Flankenwechsel miteiner stärkeren Berücksichtigung der Aktie.

dpn: Aktien können allerdings starken Wert-schwankungen unterliegen.

Neumann: Die Zeit des Buy-and-Hold, wie es frühereinmal in den Lehrbüchern stand, ist meiner Mei-nung nach vorbei. Es braucht heute die Bereitschaft,aus Aktienmärkten auch schnell wieder herauszuge-hen, wenn diese sich schlecht entwickeln. Beispiels-weise über Absicherungsmechanismen. Traditionellkamen dabei Wertsicherungstechniken zum Ein-satz, die 100 Prozent des eingesetzten Kapitals schüt-zen. Wobei dort inzwischen durch die Niedrigzins-phase Abstriche gemacht werden müssen. In denvergangenen Jahren haben deshalb Trendfolgemo-delle starken Zulauf gewonnen. Für sehr interessanthalte ich auch die alternativen Risikoprämien beiden Aktien.

dpn:Was verstehen Sie darunter?

Neumann: Zum Beispiel Momentum-Strategien, Va-lue-Strategien, Small-Cap-Outperformance oder Low-Risk-Aktien. Wenn man sich etwa die Differenz ausder Wertentwicklung von Low-Risk-Aktien und demMarkt anschaut, dann ist dieser Ertrag rechtunabhän-gig von den Ergebnissen der anderen Asset-Klassen.Viele dieser alternativen Risikoprämien lassen sichauch in liquiden Märkten realisieren, wo ich den Vor-teil habe, die Positionen schnell aufbauen und auchwieder abbauen zu können.

dpn: Wie stark nutzen institutionelle Anlegerdiese alternativen Risikoprämien bereits?

Neumann: Es gibt das eine oder andereMandat dafür,aber in der Breite werden die alternativen Risikoprä-mien noch nicht genutzt. Ich würde mir wünschen,dass sie in der Asset Allocation systematischer berück-sichtigt werden, so dass wir Risikobudgets auch unab-hängigen Risikofaktoren zuteilen können.

dpn: Dr. Gerdes, können Sie diesem Plädoyer füreine stärkere Berücksichtigung der Aktien fol-gen?

Gerdes: Ja. Unsere beiden Versorgungskassen habeneinen Aktienanteil von ungefähr 25 Prozent. Die star-ke Abneigung gegen Aktien gab es in der Branchenicht immer. Vor 20 oder 25 Jahren waren auch vieledeutsche Versicherungsunternehmen nennenswertin Aktien investiert. Der Paradigmenwechsel kamerstspäter.

dpn:Wodurch?

Gerdes: Es gab zwischenzeitlich zwei große Aktien-krisen. Außerdem dürfte sich der Sichtwechsel vonBuch- auf Marktwerte stark ausgewirkt haben. Diemeisten Risikomodelle stellen auf dieVolatilität ab, obwohl die Marktpreis-schwankungen der Aktien im heutigenZinsumfeld eine geringere Bedeutunghaben. Bei einem langfristigen Anlage-horizont ist heute das Kurspotenzialbei Aktien weniger wichtig, weil derlaufende Ertrag relativ zu Renten vielhöher ist: Ein diversifiziertes Aktien-portfolio kommt derzeit auf Dividen-den von drei bis vier Prozent im Jahr,deutsche Staatsanleihen dagegen nurauf rund ein Prozent. Dennoch ist dieAktie durch ihre Volatilität verpönt.Das führt zu bemerkenswerten Ent-wicklungen: Anleger, die Aktien nochnicht einmal mit einer Kneifzange an-fassen würden, investieren in SeniorSecured Loans, Infrastrukturanleihen,Schiffsfinanzierungen und Flugzeug-kredite, für die sie gar keine Expertiseaufgebaut haben.

dpn: Sie stehen diesen alternativenAnlageklassen also kritisch gegen-über?

Gerdes: Wenn ich eine Rangfolge derAnlagen aufstelle, mit denen ich insRisiko gehe, dann betrachte ich dabeinicht nur die Volatilität der Anlagenund ihre Ertragsaussichten, sondernauch die Komplexitätskosten. Inves-tiere ich zum Beispiel in tropischenRegenwald, brauche ich einen Biolo-gen, der die spezifischen Risiken –Schädlichkeitsbefall und so weiter –zuverlässig einschätzen kann. Das istmit Kosten verbunden. Ähnlich sieht

„Anleger,dieAktiennochnichteinmalmiteinerKneifzangeanfassenwürden, investieren inSeniorSecuredLoans, Infrastrukturanleihen,Schiffs­finanzierungenundFlugzeugkredite, fürdiesiegarkeineExpertiseaufgebauthaben.“Dr.WolframGerdes KirchlicheVersorgungskassenKZVKundVKPB

Investoren sollten nicht nur dieklassischen Beta-Risiken berück-sichtigen, sondern auch Stil- undweitere Risiken, rät JeannetteLeuch, Partnerin beimConsul-tant Invalue.Gerade in alternati-venAsset-Klassen wie etwa Pri-vate Equity seien oft verschiede-ne Risikoarten vorhanden, so die46-Jährigemit einemExecutiveMBA.Schlüsseleman diese Risi-koarten auf, könneman unge-wollte Risikokonzentrationenauch übermehrereAnlageklas-sen aufspüren. Invalue hat dasControlling und die Beratung vonrund zehnMilliarden Euro Kapi-talanlagen übernommen.

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es im Bereich der Infrastrukturanla-gen aus. Bei einem Investment in BlueChips aus diversifizierten Aktienindi-zes habe ich dagegen auditierte Bilan-zen, eine Historie, Ad-hoc-Informatio-nenund eineÖffentlichkeit, die genauhinschaut. Die Komplexitätskostensind also viel geringer und auch diehausinterne Abwicklung fällt wesent-lich leichter.

dpn: Was halten Sie von den alterna-tiven Aktienstrategien, die Dr. Neu-mann vorgeschlagen hat?

Gerdes: Die Value-Prämie ist nichtsNeues. Graham hat sie schon 1934gekannt. Aktienanleger sind aus mei-ner Sicht gut beraten, diese gut doku-mentierte Prämie zu vereinnahmen.Value hat von 1998 bis 2000 – währendder Dotcom-Blase – gar nicht funktio-niert. Diese drei Jahre haben so viel amValue-Gedanken zerstört, dass es fast 15Jahre brauchte, um die Anlage als alter-natives Asset wieder neu zu entdecken.Die Small-Cap-Prämie ist auch attrak-tiv. Allerdings können die Auswirkun-gen, wenn man mit einer solchen klei-nen Aktie Schiffbruch erleidet, größersein als bei einem hochkapitalisiertenWert – und die Befragung durch dieGremien schärfer. Wenn man auf 20oder 30 Jahre investiert, solltemanaberbeidesmachen.

dpn: Herr Schuller, Ihre Meinung zuden alternativen Risikoprämien?

Schuller:Dieses faktorenbasierte Investieren ist wirk-lich nichts Neues. Ich würde daher einen Schritt wei-tergehen und die Kategorisierung nach Asset-Klassenaufbrechen. Diese lassen sich ohnehin nichtmehr ko-härent und klar voneinander abgrenzen. Stattdessenkönnte das Portfolio nach Asset übergreifenden Risi-kofaktoren analysiert werden. Risikofaktoren sindbisher definiert worden als jeder Faktor, dem mansich bei der Anlage aussetzt. Dafür muss eine Prämiebezahlt werden. Wobei wir inzwischen wissen, dassein Risikofaktor nicht zwingend eine Prämie zahlenmuss und demAnleger trotzdem imPortfoliowehtunkann. Neben quantitativen Risikofaktoren sollte manauch qualitative berücksichtigen.

dpn: Können Sie ein Beispiel für einen solchenqualitativen Risikofaktor geben?

Schuller: ZumBeispiel ein aktiverManager, der plötz-lich fremdzugehen beginnt. Man kann warten, bissich das familiäre Durcheinander so aufgeschaukelthat, dass es sich in irgendeiner Form auch auf volatili-tätsbasierteRisikokennzahlenauswirkt. Als professio-neller Investor sollte man jedoch den Anspruch ha-ben, über die eigene Analyse schon im Vorfeld erah-nen oder sehen zu können, inwieweit das Verhaltendes Managers beeinflusst ist.

Neumann: Wie stellt sich für Sie das Verhältnis derRisikofaktoren zu den Anlageklassen dar?

Schuller: Ich benutze dafür gerne ein Bild aus derChemie: Die Risikofaktoren sind dann die Atome, dieAsset-Klassen die Moleküle.

dpn: Professor Wiedemann, wie schätzen Sie diealternativen Risikoprämien ein?

Wiedemann: Ich halte besonders ihren Diversifikati-onseffekt für sehr interessant. In der Finanzmarkt-krise 2008/2009 wirkten die alternativen Risikoprä-mien ausgleichend. Eine Garantie dafür, dass dies inder Zukunft wieder so sein wird, gibt es natürlichnicht. Aber da die alternativen Risikoprämien vonden Korrelationen her stark unabhängig sind,spricht auch künftig vieles für einen guten Diversifi-kationseffekt imPortfolio. Außerdemhandelt es sichum eine liquide Anlage. Wenn institutionelle Inves-toren nach neuen oder ergiebigen Renditequellensuchen, stoßen sie dagegen oft auf mehr oder weni-ger illiquide Themen wie Senior Loans, Private Equi-ty oder Hedgefonds.

dpn: Stellt die Illiquidität einen großen Nachteildar?

Wiedemann: Ich persönlich sehe illiquide Assets kri-tisch. Ihnen fehlt die laufende Bewertung am Markt.Das erschwert die Risikomessung. Außerdem bestehthäufig die Gefahr einer Asymmetrie der Informatio-nen: Der Verkäufer kennt die Assets wesentlich besserals der Käufer. Der Umgang mit Illiquidität ist aberauch eine kulturelle Mentalitätsfrage. In Amerikagibt es große Stiftungsfonds – etwa der Universitätenin Harvard und Yale –, die Wälder kaufen und sehrstark in komplett illiquiden Assets engagiert sind. InDeutschland würden viele institutionelle Anleger beieinemsolchhohenAnteil illiquiderAssets vermutlichmit den Ohren schlackern. Wir haben hierzulandeeine andere Mentalität. Deshalb besitzt eine liquideAnlagestrategie wie die alternativen Risikoprämienmeiner Meinung nach für deutsche Investoren aucheinigen Charme.

Lauinger: Ich bin etwas überrascht, dass den alterna-tiven Risikoprämien hier so viel Bedeutung beigemes-sen wird. Meiner Meinung nach lässt sich über dieklassische strategische Asset Allocation schon vielesoptimieren. Also über die Festlegung von Aktien- undRentenquote und dann die Bildung von Subanlage-klassen. Die Beimischung von Small Caps und viel-leicht auch Momentum, Low Volatility und so weiterkann die Diversifikation zwar verbessern, aber die

„IchseheilliquideAssetskritisch. IhnenfehltdielaufendeBewertungamMarkt.DaserschwertdieRisikomessung.“Prof.Dr.ArndWiedemann UniversitätSiegen

Den Smart-Beta-Produkten, diederzeit auf denMarkt strömen,stehtMarkus Schuller,Mana-ging Director beimConsultantPanthera Solutions, eher vor-sichtig gegenüber.Man könnevon ihnen keinAlpha erwarten,sondern nur Beta in einer ande-ren Form, so der 36-Jährige, dereinenMagister inWirtschafts-wissenschaften und einenMBAin Corporate Finance undWealthManagement hält undan der Internationalen Universi-tät vonMonaco Portfoliotheorieunterrichtet. Panthera Solu-tions berät Regional- und Pri-vatbanken, Stiftungen und Fa-mily Offices.

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Auswirkungen auf das Portfolio dürften doch be-grenzt sein.

dpn: Beziehen Sie bei Bosch solche alternativenRisikoprämien in die Anlagestrategiemit ein?

Lauinger:Wir haben sehr breit diversifizierte Portfo-lios. Innerhalb der Aktienanlagen unterscheiden wirbeispielsweise auch zwischen Small-Cap-Mandatenund Value-Strategien. Wir bilden dies aber nicht be-sonders im Risikomanagement ab.

dpn: Dr. Neumann, was sagen Sie zu den Reaktio-nen auf Ihre Vorschläge?

Neumann: Ich denke, wir liegen nicht soweit ausein-ander. Im Grunde suchen wir alle nach einer Risiko-prämie, einem Risikofaktor oder wie auch immer esgenannt wird. Ob dies altbekannt ist oder recht neu,ob es sich um quantitative oder qualitative Größenhandelt, dürftedabei relativ zweitrangig sein.Haupt-sache, es ist langfristig ertragreich. Allerdings wirdman bei fast allen Risikoprämien beobachten, dasssie nicht immer funktionieren. Deshalb stellt sichdie Frage nach demUmgangmit beispielsweise einerValue-Delle: Sitze ich sie aus oder agiere ich da aktivhinein? Es gibt eine allgemein verbreitete Skepsis ge-genüber Timing-Fähigkeiten. Man kann lange darü-ber streiten, ob Timing funktioniert oder nicht. Aufder anderen Seite muss man aber auchsehen, dass Buy-and-Hold langfristigschlechter abschneidet als die einfachsteTiming-Strategie, die sich am gleitenden200-Tage-Durchschnitt orientiert.

dpn: Professor Wiedemann, wenn eininstitutioneller Investor neu in alter-native Risikoprämien einsteigenmöchte: Welche Größenordnung wür-den Sie dafür vorschlagen?

Wiedemann: Ich würde evolutionär be-ginnen – zum Beispiel mit fünf oder zehnProzent – und dann erst einmal Erfahrun-gen sammeln.Wenn diese auf Dauer nichtüberzeugend sind, kann man sich relativeinfach wieder aus dem Investment verab-schieden. Das ist der Vorteil liquider Anla-gen.

dpn: Frau Leuch, welche Bedeutungha-ben Risikofaktoren aus Ihrer Sicht fürdie Entwicklung der Anlagestrategieund für das Risikomanagement?

Leuch: Bei der Findung der Anlagestrate-gie sollten nicht nur klassische Beta-Risi-ken berücksichtigt werden, sondern auchStilrisiken oder weitere Risiken – gleich,ob quantitative oder qualitative. Geradein alternativenAnlageklassen sind oft ver-schiedene Risikoarten vorhanden: bei Private Equityetwa Aktienrisiko, Illiquiditätsrisiko und auch nochein Value-Aspekt. Wenn man das aufschlüsselt undauswertet, findet man möglicherweise gleichartige

Risiken in verschiedenen Asset-Klassen und kann soeine nicht gewünschte Konzentration bestimmter Ri-siken vermeiden. Allerdings fehlt meiner Meinungnach noch die quantitative historische Grundlage,um eine Anlagestrategie nicht mehr über Asset-Klas-sen, sondern allein anhand von Risikofaktoren zuentwickeln. Es gibt aber einige Bemühungen in dieseRichtung und aktuell sehr viele Studien dazu. Viel-leicht wird es in der Zukunft ausgereiftere Modelleauf Basis der Risikofaktoren geben, sowiewir sie jetztschon für einzelne Asset-Klassen haben. Unabhängigdavon sollten die identifizierten Risikofaktoren unddie anderen Parameter der Anlagestratege im laufen-den Risikomanagement sorgfältig überwacht wer-den, um den Anlageerfolg dauerhaft sicherzustellen.

dpn: Herr Lauinger, investiert Bosch in alterna-tive Asset-Klassen?

Lauinger: Ja, in unseremPensionsfondsentfallen derzeit sechs bis sieben Pro-zent auf alternative Anlagen. In derStrategie vorgesehen sind bis zu zehnProzent. Ein Teil ist noch im Aufbau.Wir sind uns bewusst, dass diese Invest-ments besondere Risiken aufweisen,die wir bei Aktien und Renten nicht ha-ben: Illiquidität, operationelle Risiken,rechtliche Risiken, möglicherweise so-gar Reputationsrisiken im Zusammen-hang mit Anlagen wie Rohstoffen, Pri-vate Equity oder Hedgefonds.

dpn: Wie gehen Sie mit diesen Risi-ken um?

Lauinger:Wir investieren sehr breit, ge-hen also nicht nur in eine alternativeAnlageklasse, sondern gleichzeitig inverschiedene. So versuchen wir einenGroßteil der Risiken zu begrenzen. Au-ßerdem arbeiten wir in diesem Bereichverstärkt mit externen Beratern zusam-men. Diese unterstützen uns mit ihrerExpertise bei Auswahl geeigneter In-vestments, bei der genauenPrüfungderAngebote (Due Diligence), aber auchspäter inderBegleitungdieserAnlagen.

dpn: Welche Besonderheiten sindbeimRisikomanagement der alternativen Invest-ments zu beachten?

Lauinger:Es gibt kaumRisikomodelle, umdieRisiken

„Manwirdbei fastallenRisikoprämienbeobachten,dasssienicht immerfunktionieren.DeshalbstelltsichdieFragenachdemUmgangmitbeispielsweiseeinerValue­Delle.“Dr.ThorstenNeumann Union Investment

Durch die hohe Liquidität imMarkt sind diePreise an den Kapitalmärkten teilweise ver-zerrt,meint Stefan Lauinger, Referent imTreasury der Bosch-Gruppe.Anlagerisikenwürden deshalb nichtmehr in jedem Fall an-gemessen entlohnt. Entsprechend groß seidie Herausforderung, auch in der Zukunft at-traktive und risikoadäquate Renditen zu erzie-len. Der 39-jährige Diplom-Volkswirt plädiertfür eine sehr breite Diversifikation der Invest-ments, um dieAnlagerisiken zu begrenzen.Die Bosch-Gruppe verfügt über rund 14Milli-arden Euro Kapitalanlagen.

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aus alternativen Investments geeignet abzubilden.Oder es fehlen geeignete Daten. Manmuss daher häu-fig vereinfachte Annahmen treffen und pragmatischvorgehen, umdie alternativen Investments ins Risiko-management zu integrieren. Wennman so investiertwie wir –, mit einem sehr langen Anlagehorizont,einer hohen Risikotragfähigkeit und einer sehr brei-ten Diversifikation – kannman einen solchen Ansatzverfolgen. Wer dagegen kurzfristiger agiert und nurein geringes Risikobudget hat, braucht sicherlich einfeineres Risikomanagement oder muss anders inves-tieren.

dpn: FrauLeuch,wie sehenSiedasRisikomanage-ment bei den alternativen Investments?

Leuch: Auch bei neuen Anlageklassen können bedeu-tende Risiken identifiziert und dem Risikoüberwa-chungsschema zugeordnet werden. Zum Beispielkann man bei den Senior Loans durchaus klassischeRisiken ermitteln – etwa die Gegenparteien –, diese indie Konsolidierung mit einbeziehen und dann prü-fen, ob eine zu hohe Konzentration auf einzelne Ad-ressen vorliegt. Bei anderen alternativen Anlagen wieRohstoff- oder Hedgefonds kann man die Liquiditäts-anlagen und Besicherungen (Collaterals) mit konsoli-dieren. Zum Beispiel war ein Kunde vor allem überseine alternativen Anlagen ungewollt mit insgesamtacht Prozent in US-Staatsanleihen investiert. SolcheRisikenmöchte ich sehen als Investor.

dpn: Dr. Neumann?

Neumann: Assets ohne Marktpreise lassen sich mei-ner Meinung nach nur sehr schwer in klassische Risi-komanagement-Techniken integrieren. Bei ihnenschätzen nicht jeden Tag Investoren Wertigkeit unddamit das Risiko neu ein. Deshalb sehe ich das Inves-tieren in illiquide Asset-Klassen als eine rein diskreti-onäre Entscheidung an. Der Investor muss sich aufseine Expertise verlassen und sollte sich bewusst sein,dass seine langfristige Renditeannahme mit einergroßen Unsicherheit behaftet sein kann. Er kann alsokeinen so engen Reifen fahren wie bei einer liquidenAnlage.

dpn: Herr Schuller, was halten Sie von den Smart-Beta-Produkten, die derzeit auf den Markt strö-men?

Schuller: Der Name sagt es schon: Man kann kein Al-pha erwarten, sondern kauft sich nur Beta in einer

anderen Form ein. Dabei isoliert man einbestimmtes Muster im Marktportfolio.Das funktioniert manchmal, und manch-mal funktioniert es nicht. Wenn es in denmeisten Fällen klappt, hatman insgesamtbetrachtet gewonnen. Inzwischen kom-men sehr viele synthetisch gezimmerteMuster auf denMarkt, die passiv repliziertwerden. Denen gegenüber bin ich vorsich-tig.

dpn: Dr. Gerdes, Ihr Schlusswort zumThemaRisikomanagement?

Gerdes: Ich habe den Eindruck, dass dievorherrschenden Paradigmen im Risiko-management mit einigen Jahren Verzöge-rung den Erfahrungen an den Kapital-märkten folgen. Wir erleben heute die ab-solute Hochphase des Asset Liability Ma-nagements. Dieses hat zu einer langenDuration der Zinsanlagen geführt. Rück-blickend war dies das Richtige. Doch dieWahrscheinlichkeit nimmt zu, dass dieZinsen irgendwannwieder steigen. Es gibteine ganze Generation, die noch nie lang-fristig steigende Zinsen erfahren hat. Siehat noch nie erlebt, dass man mit Renten-papieren viel Geld verlieren kann. Wenndie Zinsrichtung sich ändert, wird daherder nächste Paradigmenwechsel imRisiko-management kommen. ■

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ErscheinungsterminOktober 2014

ISSN1476-3028

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Professor Dr.ArndWiedemann, Inhaberdes Lehrstuhls für Finanz- und Bankma-nagement an der Universität Siegen,hält alternative Risikoprämien wieValue,Small Cap,Momentumund LowVolatili-ty für interessant. In der Finanzmarkt-krise 2008/2009 hätten sie im Portfolioausgleichend gewirkt, berichtet der52-jährige Betriebswirt. Da die Korrelati-onen der alternativen Risikoprämienstark unabhängig seien, spräche auchkünftig viel für einen guten Diversifikati-onseffekt.Außerdem seien dieAnlagen– anders als viele alternative Invest-ments – liquide.

„AuchbeineuenAnlageklassenkönnenbedeutendeRisikenidentifiziertunddemRisiko­überwachungsschemazugeordnetwerden.“Jeannette Leuch Invalue