¿avances o retrocesos en pericarditis? ¿o ambas cosas?
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Zum Management von Diagnostik undTherapie der Perikarderkrankungen gibtes weltweit nur die beiden Leitlinien derEuropean Society of Cardiology (ESC [1,
2]). Dabei sollten zumindest entzündlicheFormen der Perikarditis im Kontext einerPerimyokarditis oder Myoperikarditisbetrachtet werden, für die die ESC unddie American Heart Association (AHA)sowie das American College of Cardiology(ACC) Leitlinien verabschiedet haben,auf die in diesem Zusammenhang hin-gewiesen werden soll.
Klinische Diagnostik undpathophysiologische
Klassifikation perikardialerSyndrome
Eine Perikarditis lässt sich pathophysio-logisch und anatomisch als trockene, ex-sudative, exsudativ konstriktive oderkonstrikte Form klassifizieren. In denersten 6 Wochen wird eine Perikarditisals akut bezeichnet, wenn mindestens 2 von 4 der nachfolgenden Kriterien vor-liegen (alle Empfehlungsklasse I, Evidenz-grad C):1. perikarditischer Brustschmerz,2. Perikardreiben,3. im EKG ST-Elevationen aus dem de-
szendierenden „S“ bzw. eine PR-Ab-senkung (. Abb. 1),
4. neu diagnostizierter Perikarderguss(z. B. in der Echokardiographie).
Die akute Form kann durch ein er-
höhtes C-reaktives Protein (CRP), einebeschleunigte Blutsenkung und Ver-änderungen im Differenzialblutbild unter-mauert werden. Ein erhöhtes Troponin Ioder T oder ein pathologisches LGE („lategadolinium enhancement“) von Perikardund Epikard in der Magnetresonanz-tomographie (MRT) bestätigen die Myo-kardbeteiligung im Sinn der Myoperi-karditis oder Perimyokarditis. Dauert diePerikarditis mehr als 3 Monate an, handeltes sich um eine chronische Form. Sie ist
andauernd („incessant pericarditis“),wenn sie länger als 4 bis 6 Wochen, aberkürzer als 3 Monate ohne zwischenzeit-liche Remission währt. Eine chronischrezidivierende („recurrent“) Perikarditiswird angenommen, wenn nach einerersten akuten Episode ein symptom-freies Intervall von mehr als 4 Wochenbestand, bevor es zum Rezidiv der Peri-karditis kommt.
Sehr selten ist eine exsudativ-konstriktive („effusive-constrictive“)Perikarditis [4], deren Hämodynamikdurch Abheilung des Begleitergussesihre konstriktive Komponente verlierenkann.
B. MaischHerz- und Gefässzentrum (HGZ) Marburg, *Emeritierter Direktor der Klinik für Innere Medizin, Kardiologie
und Internistische Intensivmedizin der Philipps-Universität und UKGM, HGZ Marburg, Marburg, Deutschland
Fortschritt oder Rückschrittoder beides zugleich?ESC-Leitlinien zu Perikarderkrankungen 2015
Herz 2015 · 40:1061–1069DOI 10.1007/s00059-015-4395-zOnline publiziert: 7. Dezember 2015© Springer Medizin Verlag 2015
Abb. 1 9 a–d Stadien-einteilung der Peri-karditis in der Elektro-kardiographie (EKG)nach Holzmann:a Normalbefund,b akute PerikarditisStadium I, c akutePerikarditis StadiumII, d akute Peri-karditis Stadium III.(Mit freundlicher Ge-nehmigung aus [3])
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Schwerpunkt
Dieser Beitrag nimmt Bezug auf früheredeutsch- und englischsprachige Publikationendes Autors insbesondere auch auf die erstenESC-Leitlinien zu Perikarderkrankungen undaktualisiert die vorgängigen Veröffentlichungendes Autors unter Berücksichtigung der Leit-linien zu Perikarderkrankungen 2015.
http://crossmark.crossref.org/dialog/?doi=10.1007/s00059-015-4395-z&domain=pdf&date_stamp=2015-12-8
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Eine umgehende stationäre Aufnahmeempfiehlt sich bei Hochrisikopatienten,deren Symptome auf eine ungünstigePrognose hinweisen (EmpfehlungsklasseI, Evidenzgrad C). Hauptkriterien hier-für sind: 5 Fieber über 38 Grad C, 5 subakuter Beginn, 5 großer Perikarderguss, 5 Tamponade, 5 fehlendes Ansprechen auf Acetyl-salicylsäure (ASS) oder nicht-steroidale Antiphlogistika (NSAID).
Als Nebenkriterien eines erhöhtenRisikos sind eine Myoperikarditis,eine Immundefizienz [HIV (humanesImmundefizienzvirus), eine immun-suppressive Therapie bei Tumor oderrheumatischen oder autoimmunen Er-krankungen], ein kardiales Traumaoder eine Antikoagulanzientherapiezu nennen. In diesen Fällen fordertensowohl die alte als auch die neue Leit-linie gleichermaßen eine stationäre Auf-nahme zur weiteren ätiologischen Ab-klärung (Empfehlungsklasse I, Evidenz-
grad C). Andernfalls können nach denneuen Leitlinien die weitere Diagnostikund Therapie ambulant erfolgen.
Zur Triage bei Perikardtamponadestützt sich die Leitlinie von 2015 aufPositionspapiere von Halpern et al.[5] und Imazio et al. [6] sowie aufein detailliertes Scoring-System ([7];. Abb. 2).
• maligne Grunderkrankung 2
• Tuberkulose 2
• k ürzliche Strahlentherapie 1
• k ürzliche Virusinfektion 1
• rezidiv. Perikarditis + Punktion 1
• terminale Niereninsuffizienz 1
• Immunsuppression/-defizienz 1
• Autoimmunerk ankung 1
• Dyspnoe/Tachypnoe 1
• Orthopnoe ohne RGs 3
• Hypotension (10 mmHg 2
• präkordialer Schmerz 0,5
• Perikardreiben 0,5
• rasche Verschlechterung 2
• langsam progredienter Zustan d -1
• Rö-Thorax: Kardiomegalie 1
• elektrischer Alternans im EK G 0,5
• Niedervoltage im EK G 1
• Perikarderguss >2 cm diastolisch 3
• mittelgradiger Erguss 1–2 cm 1
• k leiner Erguss, kein Trauma
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Ätiologische Diagnostik– Diskrepanz zwischenTheorie und Praxis
Hinsichtlich der ätiologischen Diagnostikunterscheidet die Leitlinie formal korrekt
zwischen einer infektiösen und einersterilen Perikarditis, bei letzterer zwischeneiner autoimmunen, einer metabolischenoder neoplastischen Ursache [2, 12].Infektiöse Perikarditiden entstehen ent-weder durch Infiltration der Erregeraus der Nachbarschaft oder durch einelymphogene oder hämatogene Aussaat.
Die häufigsten Erreger der infektiösenPerikarditis sind Viren [Coxsackie A9,B1–4; ECHO Typ 8, Mumps, Epstein-Barr-Virus (EBV), Zytomegalievirus(CMV), Varicella, Rubela, humanes
Herpesvirus Typ 6 (HHV6), HIV, ParvoB19 u. a.].
Bakterielle Perikarditiden sind inEuropa sehr selten. Als Erreger werdenLues, Pneumo-, Meningo-, Gonokokken,Hämophilus, Treponema pallidum,Borrelien und Chlamydien genannt.Aber in Afrika dominiert unter denPerikarditiden die tuberkulöse Form[11], die nicht selten in Kombinationmit einer HIV-Infektion auftretenkann [12]. Die Ätiologie der Perikard-
erkrankungen verzeichnet unter dennichtinfektiösen Formen neoplastische,metabolische, traumatische und iatrogenbedingte Formen. Hierzu gehören dasPostkardiotomiesyndrom, die Perforationbei PTCA/PCI und Perikardergüsse nachRadiofrequenzablation oder nach Schritt-macherelektrodeninsertion. Infolgemedikamentöser Behandlung könnenPerikardergüsse als lupusanaloge Formenauftreten, etwa nach der Gabe vonProcainamid, Hydralazin, Methyldopa,Isoniazid, Phenytoin, Doxorubicin,Daunorubicin, Zytosinarabinoid,5-Flurouracil oder Zyklophosphamid.Eine echte Hypersensitivitätsperi-karditis mit Eosinophilie findet sich nachTherapie mit Amiodaron, Methysergid,Mesalazin, Clozapin, Minoxidil,Dantrolen, Practolol, Phylbutazone,Thiaziden, Streptomycin, Thiouracil,Streptokinase, P-Aminosalicylsäure,Cyclosporin, Bromocriptin, GM-CSF(Granulozyten-Monozyten-Kolonie-stimulierender Faktor) und Anti-TNF
(Tumornekrosefaktor)-Antikörper u. a.Bei sterilen Perikardergüssen sollte auchan eine Amyloidose, an die pulmonaleHypertonie, an eine chronische Herz-insuffizienz und ein disseziiertes Aorten-aneurysma gedacht werden.
Untersucht man heute punktable Peri-kardergüsse zytologisch, immunologischund mittels Polymerasekettenreaktion(PCR) in einem großen Krankenguteines tertiären Referenzzentrums, führenbei den Ursachen autoreaktive Ergüsse(35 %), gefolgt von malignen (28 %) und
Zusammenfassung · Abstract
Herz 2015 · 40:1061–1069 DOI 10.1007/s00059-015-4395-z© Springer Medizin Verlag 2015
B. Maisch
Fortschritt oder Rückschritt oder beides zugleich?ESC-Leitlinien zu Perikarderkrankungen 2015
ZusammenfassungElf Jahre nach der Veröffentlichung der welt-weit ersten Leitlinien der European Societyof Cardiology (ESC) zu Perikarderkrankungenhat die internationale Expertengruppe derESC das damals 28 Seiten starke Werk mit275 Literaturangaben überarbeitet. Heraus-gekommen sind am Ende 44 Seiten mit233 Referenzen. Eine CME-zertifizierteFortbildung, die die Leitlinien von 2004aktualisierte, findet sich in Herz , Heft 7/2014.Im Vergleich zu 2004 sind die Leitlinienvon 2015 in den Kapiteln zu Diagnostikund Differenzialdiagnostik, Pathologie
und Pathophysiologie weitgehend unver-ändert geblieben. Fortschritte lassen sich beider Magnetresonanztomographie (MRT)-Diagnostik der Peri- und Epikarditis zeigen,ebenso in der nahezu universellen Therapie-empfehlung von Colchicin für alle Formender Perikarditis, unabhängig davon, ob sieakut, chronisch oder rezidivierend auftritt.
Das kann man zu Recht als Fortschritt be-zeichnen. Wenig geändert hat sich hingegenseit 2004 bezüglich der ätiologischen Klassi-fikation akuter oder chronisch rezidivierenderPerikarditiden und Perikardergüsse selbstuniversitärer Herzzentren, die noch viel zuoft auf eine ätiologische Differenzierungvon Perikardergüssen leichtfertig verzichtenund sich mit dem Attribut „idiopathisch“zufriedengeben, wenn sie eine maligneoder bakterielle Ursache ausgeschlossenhaben. Stillstand ist hier letztlich Rückschritt,weil wir noch zu oft hinter unseren tatsäch-
lichen diagnostischen und interventionellenMöglichkeiten zurückbleiben.
SchlüsselwörterPerikarditis · Perikardtamponade ·Perikardioskopie · Perikard- undEpikardbiopsie · Zytologie
Progress or regress or both? ESC guidelineson pericardial diseases 2015
AbstractEleven years after the publication of the first
guidelines worldwide on pericardial diseas-es by the European Society of Cardiology(ESC), the international expert group of theESC has updated the original document of 28pages with 275 references. The final versionof the new guidelines is more voluminouswith 44 pages of recommendations but on-ly 233 references. A continuing medical ed-ucation (CME) certified update of the 2004guidelines was published in the journal Herz volume 7/2014. In comparison to 2004 the2015 guidelines have remained virtually un-changed in the sections detailing diagnostics,differential diagnosis, pathology and patho-physiology. Substantial progress has beenmade in magnetic resonance imaging (MRI)of pericarditis and epicarditis and in the prac-tically universal recommendation of colchi-cine for all forms of pericarditis and pericardi-
al effusion, whether acute, chronic or recur-
rent. This can truly be called progress; howev-er, little has changed since 2004 even in ter-tiary referral centers or universities with re-spect to the etiological classification of acuteor recurrent forms of pericarditis or pericar-dial effusion. By classifying pericardial syn-dromes much too often as idiopathic whena malignant or bacterial cause has been ex-cluded, the underlying cause is often over-looked. Standstill in diagnosis is in the end re-gress because we too often lag behind ouractual diagnostic and interventional possi-bilities.
Keywords
Pericarditis · Cardiac tamponade ·Pericardioscopy · Pericardial and epicardialbiopsy · Cytology
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viralen Formen (12 %). PosttraumatischePerikardergüsse finden sich in 15 % derFälle. Dagegen sind bakterielle Ergüssein Europa mit nur 2 % sehr selten ([13];. Tab. 1). Für eine gezielte und sichereEntnahme von Gewebeproben aus Peri-kard oder Epikard zur Sicherung derÄtiologie ist die Perikardioskopie einesinnvolle Voraussetzung [12, 14].
Für Patienten mit hohem Risikound ungünstiger Prognose wird in denneuen Leitlinien eine differenzierte
diagnostische Empfehlung abgegeben(. Tab. 2).
Im klinischen Alltag ist die „idio-pathische“ Perikarditis allerdings diehäufigste Verlegenheitsdiagnose füreine nicht weiter abgeklärte Herzbeutel-entzündung. Denn die Abklärung derUrsachen wird zwar als viral oder post- viral bzw. autoimmun vermutet, aberbedauerlicherweise nicht validiert. Hierkapituliert, anders als bei den Leitlinien von 2004, die Leitlinie von 2015 vor
ihrem theoretischen Anspruch und gibtsich in den Fällen „niedrigen Risikos“mit der Spekulation einer vermutlichen viralen Genese zufrieden. Dies hat zurFolge, dass in den allgemeinen Therapie-empfehlungen für diese Patienten-
gruppen zwar zurecht der Verzicht aufsportliche Aktivitäten für mindestens3 Monate (Empfehlungsklasse IIa,Evidenzgrad C) festgeschrieben wurde,die Therapie sich aber in der Akutphase von bis zu 2 Wochen auf 3-mal 750–1000 mg ASS oder 3-mal 600 mgIbuprofen oder Colchicin 0,5 mg 1- bis2-mal täglich beschränkt (Empfehlungs-klasse IIa, Evidenzgrad C), ohne dass eineätiologiespezifische Behandlung gefordertwird. Dies haben die Leitlinien zur Myo-karditistherapie mit der Option einer i.v.
Immunglobulinbehandlung oder einerantiviralen Therapie den aktuellen Peri-karditisleitlinien voraus. Hier war bereits2004 die Empfehlung einer ätiologischorientierten Behandlung deutlicherformuliert.
Schwerpunkte derESC-Perikarditisleitlinien 2015
Der Schwerpunkt der Perikarditisleit-linien 2015 liegt bei der Spezifizierung
diagnostischer Methoden und in dersymptomatischen Therapie von Peri-karditis und Perikarderguss. Denn dasklinische Bild, die Pathologie, die Patho-physiologie und ein großer Teil derdiagnostischen Methoden haben sichoffensichtlich bis heute nicht wesentlich verändert. Auf ihre ausführliche Dar-stellung wird deshalb zugunsten des erstkürzlich erschienenen CME-Beitrags inHerz verzichtet [12].
Labormethoden
Für alle Patienten werden, dies ist längstpraktizierter Alltag und Lehrbuchwissen,die Bestimmung von Inflammations-markern und ein Basislabor [CRP, Blut-senkungsgeschwindigkeit (BSG), Blut-bild, Schilddrüsen-, Leber- und Nieren-werte sowie Differenzialblutbild] nebenEKG, Echokardiographie und Röntgen-thorax empfohlen. Die Bestimmung vonTroponin eignet sich zum Nachweis einerentzündlichen Myokardbeteiligung.
Tab. 1 Ätiologische Klassifikation von punktablen Perikardergüssen in einem tertiären uni-versitären Zentrum (259 Patienten, davon 152 männlich, mittleres Alter: 57 ± 14,8 Jahre). (Mitfreundlicher Genehmigung aus [13, 14])
Ätiologie % positiv Intraperikardiale Therapie (aus [14])
Autoreaktiv/lymphozytär 35 Evakuation + Spülung + Gentamycin + Triamci-nolonacetat
Maligne (primär oder metastatisch) 28 Evakuation + Spülung + Gentamycin + Cisplatin
Durch Trauma (iatrogen, extern) 15 Evakuation + Spülung + Gentamycin
Viral 12 Evakuation + Spülung + systemische Therapiez. B. i.v. Ig
Bakteriell 2 Evakuation + Spülung + Gentamycin + i.v.bakterizide, antibiotische oder ggf. systemischeantituberkulostatische Dreifachtherapie
Andere 8 Evakuation + Spülung + Beobachtung
Ig Immunglobuline.
Tab. 2 Spezielle Diagnostik bei Patienten mit erhöhtem Risiko. (Modifiziert nach [2])
Verdacht auf Blut Imaging Perikarderguss Histo-logie
Emp-fehlung
AutoimmuneP + PE
ANA, ENA, ANCA,ACE, Ferritin
PET
TBC P + PE IGRA, Quantife-ron u. a.
Thorax-CT Säurefeste Stäbchen,PCR für TBC, ADA
Perikard-biopsie
IIa/C
NeoplastischerPE
Tumormarkeroft unspezifischerhöht
CT, evtl. PET Zytologie, Tumor-marker sinnvoll,CEA > 5 ng/ml, CYF-RA21-1 > 100 ng/ml
Perikard-biopsie
IIa/C
Virale P + PE PCR auf kardio-trope Erreger
PCR auf kardiotropeErreger
IIa/C
Bakterielle P+ PE
Blutkulturen,Coxiella burnetii,
Borrelia spp
CT Blutkulturen, (Coxiel-la burnetii, Borrelia spp.)
Perikard-biopsie
IIa/C
Febris hyperer-gica periodica FMF und TRAPSMutationen
Chronischer PE TSH, Kreatininund GFR, TBC,Tumormarker
Konstriktive P BNP (fast nor-mal!)
MRT, CT,Herzkatheter
ADA Adenosindeaminase > 40 U/l, CT Computertomographie,MRT Magnetresonanztomographie, PET Posit-
ronenemissionstomographie, IGRA „interferon-gamma release assay“, ANA antinukleäre Antikörper, ENA extra-
nukleäre Antikörper, ANCA antineutrophile zytoplasmatische Antikörper, ACE „angiotensin-converting enz yme“,
CEA karzinoembryonales Antigen, FMF familiäres Mittelmeerfieber, TRAPS „tumor necrose factor receptor
associated periodic syndrom“,TSH thyroideastimuluierendes Hormon, GFR glomeruläre Filtrationsrate, TBC
Tuberkulose,BNP „brain natriuretic peptide“, P Perikarditis, PE Perikarderguss, PCR Polymerasekettenreaktion.
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Imaging bei Perikarditisund Perikarderguss
Bei den Imaging-Methoden stellen sichMRT und Computertomographie (CT)als Methoden zweiter Wahl nach der
Echokardiographie (EmpfehlungsklasseI, Evidenzgrad C) dar. Sinnvoll ist ihreAnwendung, falls die Echokardiographienicht ausreichen sollte oder bei Verdachtauf neoplastische Ergüsse. Die Unter-suchung des gesamten Thoraxraums er-möglicht bereits hier Hinweise auf denPrimärtumor, wie z. B. bei Mamma- undBronchialkarzinomen.
Perikardiale Syndrome
Virale Perikarditis und
viraler Perikarderguss
Bei Verdacht auf virale Perikarditiswird eine umfassende histologische,zytologische, immunhistologische undmolekulare Untersuchung von Peri-karderguss und peri- sowie epikardialenBiopsien nahegelegt (Empfehlungs-klasse IIa, Evidenzgrad C), während eineRoutineuntersuchung auf virale Anti-körper ebenso abgelehnt wird wie eineKortikoidtherapie (Empfehlungsklasse
III, Evidenzgrad C). Dies entspricht einersinnvollen Fortschreibung der Leitlinien von 2004.
Tuberkulöse Perikarditis
Im Gegensatz zu Europa und USA spieltin Afrika die tuberkulöse Perikarditis diedominierende Rolle. Hier empfehlen dieLeitlinien eine Stufendiagnostik: zunächstnicht-invasiv, danach mit diagnostischeroder therapeutischer Perikardpunktioninkl. Perikardbiopsie (Empfehlungs-klasse IIa, Evidenzgrad C). In Gebieten,in denen Tuberkulose (TBC) endemischist, kann nach Ausschluss eines neo-plastischen Ergusses eine empirischetuberkulostatische Behandlung un-mittelbar angeschlossen werden, ohnedass das Ergebnis der Bakteriologie ab-gewartet werden muss (Empfehlungs-klasse I, Evidenzgrad C). Die frühzeitigeantituberkulöse Behandlung soll hier derEntwicklung einer konstriktiven Peri-karditis vorbeugen (Empfehlungsklasse I,
Evidenzgrad C), genauso wie eine additiveSteroidgabe aus gleichem Grund bei HIV-negativen Patienten erwogen werdenkann (Empfehlungsklasse I, EvidenzgradC). Zur Vermeidung einer konstriktivenPerikarditis kann eine intraperikardiale
Urokinasebehandlung in Betracht ge-zogen werden (Empfehlungsklasse IIb,Evidenzgrad C).
Purulente Perikarditis
Bei der purulenten Perikarditis, einerseltenen Perikarditisform, ist diePerikardiozentese obligat (Empfehlungs-klasse I, Evidenzgrad C), ebenso wiedie Untersuchung des Ergusses aufTBC, Bakterien und Pilze. Eine aus-giebige Spülung des Perikards und eine
intraperikardiale Antibiotikagabe sindweitere sinnvolle erste Maßnahmen(Empfehlungsklasse I, Evidenzgrad C).Falls Perikardspülung und i.p. Anti-biotikagabe nicht ausreichen, könnenweitere Maßnahmen leitlinienkonformangewandt werden, wie eine intraperi-kardiale Thrombolyse (Empfehlungs-klasse IIa, Evidenzgrad C) oder eine herz-chirurgische Perikardiektomie. Letzteresgilt vor allem bei adhäsiver Perikarditis,bei lobulierten Ergüssen, bei wiederholter
Tamponade, bei persistierender Infektionoder einem Progress zur Konstriktion(Empfehlungsklasse IIa, Evidenzgrad C).
Perikardergüsse beiNiereninsuffizienz
Bei urämischer Perikarditis ist die Dialysebzw. die Intensivierung erforderlich(Empfehlungsklasse IIa, Evidenzgrad C).NSAID können bei fehlender Effektivitätder Dialyse zusätzlich erwogen werden(Empfehlungsklasse IIb, Evidenzgrad C),wohingegen Colchicin kontraindiziertist, weil es die Niereninsuffizienz er-wiesenermaßen verschlechtern kann(Empfehlungsklasse III, Evidenzgrad C).
Autoimmunkrankheitenmit Perikarderguss
Bei den Autoimmunkrankheiten mitPerikarderguss wird in den neuen Leit-linien lediglich die adäquate Behandlungder Grundkrankheit empfohlen. Damit
bleiben die Leitlinien von 2015 leiderhinter den Empfehlungen des Jahres2004 zurück, die m. E. zurecht eine intra-perikardiale Triamcinolonbehandlungnahegelegt haben, die sich bis heute alsTherapiekonzept mit hoher lokaler, aber
vernachlässigbarer systemischer (Neben-)Wirkung bewährt hat [15, 16].
PCIS („postcardiacinjury syndrome“)
Der Begriff des PCIS („postcardiacinjury syndrome“) umfasst das Postperi-kardiotomie- und das Postinfarktsyndrom(Dressler) sowie andere postraumatischeSyndrome, die mit einem vermutlichautoimmunen Perikarderguss einher-gehen [17, 18]. Die in der Leitlinie 2015
vorgenommene Definition, die ein PCISbereits bei 2 der 5 Symptome (a–d) Fieber(a), perikarditischer oder pleuritischerHerzdruck (b), Perikard- oder Pleura-reiben (c), Perikarderguss oder Pleura-erguss (d) mit erhöhtem CRP annimmt,greift m. E. zu weit, weil sie auch bei einerreinen Pleuritis bereits ein PCIS annimmt.Zur Therapie wird ASS (Empfehlungs-klasse I, Evidenzgrad C) oder Colchicin(Empfehlungsklasse IIa, Evidenzgrad B)empfohlen.
Hämoperikard undAortendissektion
Bei einer Aortendissektion stellte diePerikardpunktion trotz drohenderTamponade eine Kontraindikationdar. Ziel war und ist die sofortigeThorakotomie (Empfehlungsklasse I,Evidenzgrad C). Allerdings kann zurzeitlichen Überbrückung eine Perikard-punktion mit der Entnahme kleinsterMengen von Blut zu einer vorüber-gehenden Stabilisierung beitragen(Empfehlungsklasse IIa, Evidenzgrad C).Dieser Aspekt ist neu und könnte die Be-handlungsstrategie peripherer Kranken-häuser beeinflussen, bei diesen kritischenPatienten eine lebensrettende Verlegungin ein herzchirurgischen Zentrum durch-zuführen.
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Medikamentöse Therapienichtmaligner Perikardergüsse
Eine erfolgreiche Behandlung der Peri-karditis und des Perikardergusses hängtprimär von deren Ätiologie und Patho-
genese ab. Deshalb sollte der Behandlungimmer eine ausreichende Diagnostik,wenn möglich mit Punktion des Perikard-ergusses bzw. Gewinnung bioptischenMaterials bei ätiologisch unklaren Er-güssen, vorausgehen. Diese Selbstver-ständlichkeit aus den Leitlinien 2004wurde auch für 2015 fortgeschrieben.
Die Schmerzen der Perikarditissprechen in der Regel auf die Gabe von NSAID [z. B. „2-[2-(2,6-Dichloro-phenylamino)phenyl]acetic acid“(Diclofenac® oder Voltaren resinat®),
2 - ( 4 - I s o b u t y l p h e n y l ) p r o p i o n -säure (Ibuprofen®)] besser an als aufMorphinderivate [19]. NSAID hemmenCyclooxygenasen (COX) und damit dieBiosynthese der Prostaglandine. COX-2-Hemmer sind selektiv für COX-2.Ibuprofen, ein nicht selektiver COX-1- und COX-2-Hemmer, hat wegen der vasodilatori schen Eigenwir kung beikoronarer Herzkrankheit gewisse Vor-teile.
Zur symptomatischen Therapie nicht-
maligner Perikardergüsse gab es seitden ESC-Leitlinien von 2004 von Mit-gliedern der Perikarditisarbeitsgruppeder ESC Working Group on Myocardialand Pericardial Diseases hochkarätigpublizierte randomisierte Endpunkt-studien, die das Konzept mit demubiquitären therapeutischen Einsatzdes Mitosehemmers Colchicin fortent-wickelten. Während in den ESC-Leit-linien von 2004 [1] Colchicin in der Dosis von 2- bis 3-mal 0,5 mg pro Tag über 3 bis6 Monate noch mit der EmpfehlungsklasseI, Evidenzgrad B bei ätiologisch unklarer(„idiopathischer“) und rezidivierenderPerikarditis versehen wurde, kannheute nach mehreren doppelblindrandomisierten Therapiestudien bei fastallen akuten Perikarditissyndromen, so dieStudien von Adler et al. [20] und Imazio etal. [21], die Empfehlungsklasse I, Evidenz-grad A als gerechtfertigt gelten. DieseEmpfehlung gilt genauso bei chronischerund rezidivierender Perikarditis [22–25].Colchicin hat sich außerdem gegenüber
einer höher dosierten, ungezielten Korti-koidbehandlung als vorteilhaft erwiesenund die Rezidivquote in den unterschied-lichen randomisierten Studien signi-fikant gesenkt. Die zentrale Botschaftder aktuellen Leitlinie zur Therapie der
symptomatischen Behandlung der Peri-karditis ist es, Perikardergussrezidive nachzu liberaler oraler Kortikoidanwendungbei lediglich vermuteter „autoimmuner“Perikarditis zu vermeiden und statt mitKortikoiden mit Colchicin zu behandeln.Wenn dennoch mit systemischen Korti-koiden behandelt werden muss, ist eineniedrige Dosierung zu bevorzugen [26].Beim Postperikardiotomiesyndrom,einem autoreaktiven perikardialen Er-guss nach herzchirurgischem Ein-griff oder Trauma, ist allerdings eine
systemische Decortin-H- und/oderColchicumbehandlung gleichermaßenerfolgversprechend.
Eine prophylaktische Colchicin-behandlung erwies sich allerdings inder Pope-2-Studie [27] als unwirksamzur Verhinderung eines postoperativenPostkardiotomiesyndroms. Im Gegen-satz zur COPPS-Studie verhindert prä-operativ gegebenes Colchicin dasSyndrom und das oftmals mit einemherzchirurgischen Eingriff assoziierte
Vorhofflimmern nicht. Ein zumindesttheoretischer Widerspruch in der bevor-zugten Anwendung von Colchicin gegen-über den Kortikoiden und den Immun-suppressiva wie Imurek oder Methotrexatliegt allerdings darin, dass Colchicin, daseine Bindung mit Tubulin eingeht und alsSpindelzellgift und Mitosehemmer wirkt,auch als immunsuppressive Substanz ein-zustufen ist [25].
Bei autoreaktiven Perikarditiden mitpunktablen größeren Ergüssen verhindertdie intraperikardiale Triamcinolongabe(300–600 mg/m2) ein Ergussrezidiv zu- verlässig und ohne systemische Neben-wirkungen in über 85 % der Fälle, weil esfast ausschließlich im Kompartiment desHerzbeutels seine Wirkung entfaltet [15].
Neoplastische Perikardergüsse
Die Diagnostik bei V. a. auf malignePerikardergüsse bzw. die Differenzial-diagnostik zu radiogenen Ergüssen nachMediastinalbestrahlung hat sich in den
letzten 11 Jahren bewährt und auchnicht wesentlich verändert: Imagingdurch Echokardiographie und CT oderMRT, Perikardpunktion, Zytologie,ggf. Histologie und beim Nachweis von malignen Zellen im Erguss intra-
perikardiale Therapie, begleitet durcheine systemische zytostatische Palliativ-therapie, gehören unverändert zumdiagnostisch-therapeutischen Repertoire(. Tab. 2). So verhindert bei malignen Er-güssen durch metastasierende Bronchial-und Mammakarzinome die intraperi-kardiale Gabe von Cisplatin (30 mg/m2)ein lokales Rezidiv in fast 90 % der Fälle[28], ähnlich wie dies auch für die intra-perikardiale Behandlung mit Thiotepagilt, die bevorzugt bei metastasierendemMammakarzinom mit Perikardergüssen
empfohlen wird [29]. Die eigentlich fatalePrognose der malignen metastasierendenGrundkrankheit ändert sich dadurchallerdings nur kurzfristig [10].
Diagnostisch-therapeutischerEntscheidungsbaum
Mit der Perikardpunktion eröffnen sichweitere Möglichkeiten für diagnostischeund therapeutische Maßnahmen, die nicht versäumt werden dürfen (. Abb. 3a und b):
Zytologie des Perikardergusses, bakterio-logische (Kultur) und virologische (PCR)Untersuchungen zur Abklärung von Ätio-logie und Pathogenese und, in dafür ge-eigneten Zentren, die perikardioskopischeInspektion von Epikard und Perikard mitder Entnahme von Gewebeproben, diegleichfalls histologisch und molekular-biologisch untersucht werden können[10]. Die ESC-Leitlinien hatten sich 2004für die Empfehlungsklasse I/EvidenzgradB entschieden, heute wäre eine Indikationder Empfehlungsklasse I/Evidenzgrad Agerechtfertigt. Diese Empfehlung findetsich aber so nicht in den Leitlinien. Hierhätte ich mir eine Fortentwicklung derLeitlinie zu einem Mehr an fundierterDiagnostik gewünscht.
Besonderheiten
Schwangerschaft
In Bezug auf Schwangerschaft ergebensich im Vergleich von 2004 zu 2015 nur
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kleine Änderungen. Eine Schwanger-schaft prädisponiert nicht zur Peri-karditis, so die aktuelle und die erste Leit-linie. Zwar entwickeln schwangere Frauennicht selten ein umschriebenes, klinisch
meist asymptomatisches Hydroperikard.Wenn es in der Schwangerschaft zu einemrelevanten Perikarderguss kommt, ist dasVorgehen analog zu Patientinnen, dienicht schwanger sind. Ist eine Perikard-
punktion unumgänglich, sollte ein echo-kardiographisch kontrollierter lateralerZugang ohne Anwendung von Röntgen-strahlen gewählt werden [10]. Unmittel-bar nach der Geburt des Kindes bringt
Echokardiographie
Symptomatische Therapie
mit NSAID und Colchicin, kein Sport,
stationär nur falls erforderlich
Perikardpunktion und Drainage
als Notfall mit sofortiger oder
Tamponade oder
PE >20 mm in Diastole
Keine Tamponade
PE 10–20 mm in Diastole
V.a. purulenten, tuberkulösen,oder neoplastischen PE
Keine Tamponade
PE
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sofortiges Abstillen meist auch den Rück-gang des Ergusses mit sich [12]. Diese Be-obachtung steht in gewissem Wider-spruch zur Aussage, dass die Schwanger-schaft nicht zum Perikarderguss prä-disponieren könnte.
Perikardzysten
Perikardzysten sind seltene, meistasymptomatische, kongenital angelegteHohlräume. In der Bildgebung stellensie eine wichtige Differenzialdiagnose zuPerikardergüssen dar. Wenn sie sympto-matisch werden, können sie mittels einerPunktion mit nachfolgender intraperi-kardialer Alkoholinstillation erfolgreichbehandelt werden [30].
Fazit für die Praxis
5 Diagnose, Verlauf und Prognose derPerikarditis werden durch die Ätio-logie, durch das eigene Immunsystemund durch die Therapie bestimmt. 5 Unter den multimodalen Bild-gebungsverfahren spielt die Echo-kardiographie unverändert eine ent-scheidende Rolle. 5 Bei Herztamponade ist die recht-zeitige, unter Echokardiographie oder
unter Durchleuchtung durchgeführtePerikardpunktion lebensrettend. 5 Zytologie und Bakteriologie des Er-gusses, Histologie, Immunhistologieund die PCR auf kardiotrope Erregeraus Perikard- und Epimyokard er-möglichen eine ätiopathogenetischvalidierte Diagnose. Diese ist dieVoraussetzung für eine gezielte ätio-logiespezifische Therapie. 5 Zentrales Anliegen der Perikarditis-leitlinien von 2015 ist die bevor-zugte symptomatische Therapie mitColchicin. Dies ist ein offensichtlicherFortschritt, auch wenn es bei der An-wendung diagnostischer Möglich-keiten zur Ätiologie im klinischen All-tag noch Defizite in der Umsetzunggibt. 5 Fortschritt und Rückschritt – dieneuen Leitlinien stehen für beides.
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. B. Maisch FESC, FACCHerz- und Gefässzentrum (HGZ) Marburg,*Emeritierter Direktor der Klinik für InnereMedizin, Kardiologie und InternistischeIntensivmedizin der Philipps-Universität und
UKGM, HGZ Marburgprivat: Feldbergstr. 45, 35043 [email protected]
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt. B. Maisch gibt an, dass erMitinhaber eines Patents für den Zugang z umPerikard auch bei kleinen oder fehlenden Ergüssenist (Marburg Attacher). Andere Interessenskonfliktebestehen nicht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschenoder Tieren.
Literatur
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Schwerpunkt
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cysts under pericardioscopical control. Heart FailRev 18:361–366
Buchbesprechungen
Hochlenert D, Engels G, Morbach S
Das diabetische Fußsyndrom
Über die Entität zur Therapie
Berlin Heidelberg: Springer-Verlag 2014,1. Auflage, (ISBN 978-3-662-43943-2), Hard-cover, 59.99 EUR
Dieses Buch stellt einen qualitativen Sprung
in der Diagnostik und Behandlung des
diabetischen Fuß-
syndroms dar: und
zwar im Vergleich zur
gesamten bisher ver-
öffentlichten Literatur.
War eigentlich alles
zum DFS vermeint-
lich schon erforscht
und breits publiziert,
eröffnen die Autoren
völlig neue Perspektiven der Betrachtung
und Problemlösung. Ausgehend von der
Frage: „Warum besteht diese Läsion genau
an dieser Stelle?“ entfalten sie den Gesamt-
horizont des aktuellen anatomischen,
pathophysiologischen und therapeutischen
Wissensbestandes. Das Autorenteam
spiegelt dabei die notwendige Kompetenz
aus diabetologischer, (fuß-)chirurgischer
und wissenschaftlicher Perspektive, die in
dieser Konstellation einzigartig ist. Durch ihre
enge Kooperation auch in der alltäglichenPraxis ist ein Lehrbuch „aus einem Guss“ ent-
standen. Dies erleichtert die Lesbarkeit, die
durch reiche Bebilderung noch gesteigert
wird. Durch den ständigen Bezug auf die
praktischen Konsequenzen der Wundver-
sorgung, der Alternativen externer oder
interner, chirurgischer Druckentlastung
und der Organisation der Versorgung in
der Region empfiehlt sich das Buch für alle
Berufsgruppen, die mit der Behandlung des
DFS befasst sind. Es ist damit interdisziplinär,
multiprofessionell und transsektoral.
Aus einem reichen Fundus von mehr als
60.000 untersuchten Fällen haben die
Autoren prägnanztypische Läsionsorte
herausgearbeitet, sog. „Markerläsionen“.
An die Lokalisations-beschreibung
schließt sich die Herleitung der jeweiligen
Ätiopathogenese und die Definition der
Krankheitsentität an. Hieraus ergibt sich dann
zwanglos die Ableitung der notwendigen
Differenzialtherapien: „Von der Entität zur
Therapie“ ist folgerichtig der Untertitel des
Buches. Das Kapitel über den Charcot-Fuß
folgt dem gleichen Duktus.
Das Entitätenkonzept ist entstanden aus
einer jahrelangen Arbeit innerhalb des „Netz-
werkes DFS Rheinland“. Diese Erfahrung
schildern die Autoren in den letzten Kapitelnzur Organisation der Fußversorgung in
der Realdiabetologie. Viele bisher für un-
lösbar gehaltene Probleme werden hier
einer konkreten Lösung zugeführt und
mit Behandlungsergebnissen belegt: Die
Amputationsrate sinkt.
Erfreulich zudem, dass die Autoren auf die
herausragende Bedeutung der diabetischen
Polyneuropathie hinweisen: Ohne Leibes-
inselschwund durch Neuropathie kein
DFS. Auch dies findet sich in den üblichen
reduktionistischen Lehrbüchern nicht.
Obwohl alle drei Autoren in Schwerpunkt-
praxis (Engels, Hochlenert) und/oder Klinik
(Engels, Morbach) praktisch tätig sind,
imponiert ihr Buch auch durch stupende
Beherrschung der nationalen und inter-
nationalen Literatur, was dem Gebrauch des
Buches als Praxisanleitung keinen Abbruch
tut.
A. Risse (Dortmund)
1069Herz 8 · 2015 |